Im Zuge der Energiewende könnte der Bedarf an Wasserstoffspeichern in Deutschland auf rund 40 bis 80 TWh steigen, zeigt ein neues Gutachten des EWI. Im europäischen Vergleich hätte Deutschland dann die meisten Wasserstoffspeicher, gefolgt von den Niederlanden und Großbritannien. Die Speicher wären hauptsächlich umgewidmete oder neugebaute Salzkavernen. Zum Vergleich: Bisher spielen Wasserstoffspeicher für die allgemeine Energieversorgung in Deutschland noch keine Rolle.
Ein Team des Energiewirtschaftlichen Instituts (EWI) an der Universität zu Köln hat im Gutachten „Wasserstoffspeicher in Deutschland und Europa: Modellbasierte Analyse bis 2050“ den künftigen Bedarf an Wasserstoffspeichern im europäischen Energiesystem für mehrere Ausprägungen eines Szenarios untersucht. Dabei wurden unter anderem die Verfügbarkeit erneuerbarer Energien, die Importquote von grünem Wasserstoff und die Strom- und Wasserstofftransportkapazitäten zwischen den europäischen Ländern analysiert. Das Gutachten wurde im Auftrag von RWE Gas Storage West erstellt.
Wasserstoffspeicher unterstützen die Versorgungssicherheit im Wasserstoffsektor und können als Stromspeicher in einem klimaneutralen Energiesystem eingesetzt werden. Von den mindestens 40 TWh Speicherbedarf im Jahr 2050 im untersuchten Szenario würden knapp 30 TWh auf bereits bestehende und dann umgewidmete Erdgaskavernen entfallen. Die restlichen knapp 15 TWh wären dann neue Speicherkapazitäten. „Die Umwidmung von bestehenden Erdgaskavernen zu Wasserstoffspeichern könnte bereits bis zum Jahr 2030 notwendig sein. Neu gebaute Speicherkapazitäten könnten nach den Ergebnissen unseres Gutachtens etwa im Jahr 2035 nötig werden“, sagt Dr. Philip Schnaars, Head of Research Area am EWI. „Bei Umwidmungszeiten von etwa 5 Jahren müsste zeitnah mit der Planung begonnen werden, damit der Markthochlauf für Wasserstoff gelingen kann.“ Etwa drei Viertel der ermittelten Kapazitäten würden im betrachteten Szenario bereits bis zum Jahr 2040 benötigt.
Der Bedarf an Wasserstoffspeichern hängt von mehreren Faktoren ab, die im Rahmen des Gutachtens in einer Sensitivitätsanalyse untersucht wurden. Einen großen Einfluss haben die unterstellten Wetterbedingungen. So liegt der Wasserstoffspeicherbedarf in Deutschland im betrachteten Szenario mit ca. 80 TWh etwa doppelt so hoch, wenn extreme Wetterperioden untersucht werden (Resilienzpuffer). Können aufgrund von Einschränkungen in den vorgelagerten Wertschöpfungsketten nicht ausreichend Kavernen für die Speicherung umgewidmet und neu gebaut werden, müssten die Speicherkapazitäten gemäß der Analyse europaweit durch teurere Porenspeicher ergänzt werden. Der gesamteuropäische Speicherbedarf wird hingegen nur geringfügig beeinflusst durch Sensitivitäten wie Veränderungen in den Import- und Transportstrukturen von Wasserstoff, den Kosten für Speicherausbau- und betrieb sowie den Importpreis für Wasserstoff.
Im betrachteten Szenario und den Sensitivitäten würden in Deutschland vorwiegend Salzkavernen für die Speicherung von Wasserstoff genutzt. Diese befinden sich im Norden, die wesentlichen Nachfragezentren von Strom und Wasserstoff liegen jedoch im Süden Deutschlands. Daraus ergibt sich, insbesondere in Zeiten hoher Wasserstoffnachfrage durch Wasserstoffkraftwerke, eine Residuallast im Süden Deutschlands, die aus den Speichern im Norden gedeckt werden müsste. In dem Gutachten wird gezeigt, dass die innerdeutsche Transportkapazität des aktuellen Entwurfes des Wasserstoff-Kernnetzes dafür nicht in allen modellierten Situationen ausreichen könnte. Im Ergebnis könnten Porenspeicher im Süden Deutschlands oder den Nachbarländern, zusätzliche Nachfrageflexibilität oder eine Erhöhung der Transportleistung des Wasserstoff-Kernnetzes für die Versorgungssicherheit mit Wasserstoff notwendig sein.
Das vollständige Gutachten wird im Laufe des Septembers veröffentlicht.