Energiepolitik im Koalitionsvertrag: EWI sieht kritische Punkte

Energiepolitik im Koalitionsvertrag: EWI sieht kritische Punkte
9. Mai 2025 |

Das EWI hat vier energiepolitische Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD analysiert: die Strompreisreduktion, die Finanzierung von erneuerbaren Energien-Anlagen, den Kernnetzausbau und das Gebäudeenergiegesetz.

Das EWI hat vier Kurzanalysen zu energiepolitischen Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD veröffentlicht. Ergebnisse:

  • Strompreisentlastung könnte den Staat 25 Mrd. € pro Jahr kosten
  • Marktliche EE-Refinanzierung könnte steigende Strompreise mit sich bringen
  • Industrie ohne Alternativen zu H2 ist bereits im Kernnetz berücksichtigt
  • Anpassung des GEG an EU-Vorgaben ist ohnehin notwendig

Analyse 1: Strompreisentlastung könnte den Staat 25 Mrd. € pro Jahr kosten

Die im Koalitionsvertrag geplante Entlastung des Stromverbrauchs um mindestens 5 Cent/kWh könnte den Staatshaushalt mit ca. 25 Mrd. € jährlich belasten. Für eine solche Senkung des Endkundenpreises müssten die Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß gesenkt, Netzentgelte und Umlagen staatlich bezuschusst sowie ein Industriestrompreis eingeführt werden. Die relative Entlastung würde für die energieintensive Industrie am höchsten ausfallen.

Analyse 2: Marktliche EE-Refinanzierung könnte steigende Strompreise mit sich bringen

Erneuerbare Energien-Anlagen sollen sich laut Koalitionsvertrag langfristig vollständig am Markt refinanzieren. Dies hätte zur Folge, dass diese Anlagen nicht mehr durch den Bundeshaushalt bezuschusst werden würden, sondern dass Stromkunden die gesamten Kosten tragen würden. Das EWI hat vor diesem Hintergrund verschiedene Szenarien untersucht. Steigende Großhandelsstrompreise, beispielsweise durch eine höhere CO2-Bepreisung, wären der direkte Wirkmechanismus und würden die Refinanzierbarkeit verbessern, widersprächen jedoch dem Ziel sinkender Endkundenpreise. Demnach sind vor allem steigende Marktwertfaktoren und fallende Technologiekosten die Hebel zur marktlichen Refinanzierung erneuerbarer Energieträger. Eine höhere Nachfrageflexibilisierung und eine Priorisierung günstigerer EE-Erzeuger, insbesondere die Priorisierung großer Anlagen, können zur Zielerreichung beitragen.

Analyse 3: Industrie ohne Alternativen zu H2 ist bereits im Kernnetz berücksichtigt

Das Wasserstoff-Kernnetz soll laut Koalitionsvertrag um Trassen im Süden und Osten erweitert werden, um weitere industrielle Zentren und Wasserstoffspeicher anzubinden. Ein Großteil der Industriestandorte und Speicher in Deutschland wurde bereits bei der Konzeptionierung des Kernnetzes berücksichtigt, zeigt das EWI. Branchen wie Aluminium und Papier haben Standorte ohne Kernnetz-Anbindung. Sie sind aber nicht unbedingt auf das Kernnetz angewiesen, da sie mit der Elektrifizierung eine Alternative mit hoher Marktreife haben. Künftige integrierte Netzentwicklungspläne für Gas und Wasserstoff, die ab 2026 alle zwei Jahre veröffentlicht werden, können technologische Entwicklungen in der Kalk-, Zement- und Glasindustrie, Bedarfsabfragen einzelner Standorte sowie Speicherausbaupläne im Erdgas- und Wasserstoffsektor berücksichtigen.

Analyse 4: Anpassung des GEG an EU-Vorgaben ist ohnehin notwendig

Laut Koalitionsvertrag soll das so genannte Heizungsgesetz abgeschafft werden. Damit wird im öffentlichen Diskurs die Novelle des Gebäudeenergiegesetztes (GEG) von Oktober 2023 bezeichnet. Das neue GEG soll technologieoffener und einfacher gestaltet werden. Eine Novellierung des GEG ist ohnehin bis Mai 2026 zur Umsetzung der Europäischen Gebäuderichtlinie (EPBD) notwendig. Das EWI hat die Vorgaben der beiden Dokumente verglichen: Das GEG enthält Anforderungen an Einzelinstallationen zur Wärmedeckung, während die EPBD die Reduktion des Primärenergiebedarfs des gesamten Gebäudebestands adressiert. Der Standard des Nullemissionsgebäudes in der EPBD setzt stärkere Vorgaben als das Niedrigstenergiegebäude im GEG. Die EPBD enthält strengere Vorgaben zu Sanierung und Gebäudeautomation, das GEG hat hingegen strengere Regelungen beim Einbau neuer Heizungssysteme.