Spannungsmessung kann die Versorgungsqualität verbessern

Spannungsmessung kann die Versorgungsqualität verbessern
25. Juni 2025 |

Die derzeitige Stromnetzregulierung reizt Netzbetreiber kaum an, Spannungsqualität systematisch zu messen und zu erhalten. Handlungsoptionen zur Regulierung der Spannungsqualität zeigt eine Kurzstudie von EWI und Fraunhofer-IEG auf.

Die Spannungsqualität von Strom ist wichtig für die Netzstabilität, wird aber in Deutschland derzeit nicht systematisch gemessen oder reguliert. Mit der Qualität werden Spannungsschwankungen, Flicker und Spannungseinbrüche zusammengefasst. Bei zu niedriger Spannungsqualität kann es zu Problemen oder Schäden an Geräten oder Maschinen kommen. Durch die zunehmende Integration erneuerbarer Energien sowie den Kohleausstieg könnten insbesondere in Mittel- und Niederspannungsnetzen, in denen viele Industriekunden angeschlossen sind, Spannungsqualitätsprobleme zunehmen.

Eine gemeinsame Kurzstudie „Messung und Regulierung von Spannungsqualität – Status Quo in Deutschland und Erfahrungen anderer europäischer Länder“ des Energiewirtschaftlichen Instituts (EWI) an der Universität zu Köln und des Fraunhofer IEG im Rahmen des vom Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie geförderten Forschungsprojekts QUIRINUS Control untersucht Möglichkeiten zur Regulierung und Verbesserung der Spannungsqualität in Deutschland. Als mögliche regulatorische Maßnahmen werden unter anderem die Einführung verpflichtender Messungen sowie die Integration der Spannungsqualität in die bestehende Qualitätsregulierung diskutiert.

Spannungsqualität wird in vielen europäischen Ländern reguliert

„Berichte über abnehmende Spannungsqualität in den Stromnetzen haben zuletzt zugenommen. Im Rahmen der Energiewende sollte die Spannungsqualitätsregulierung daher bereits jetzt betrachtet werden“, sagt Philipp Artur Kienscherf, Projektleiter seitens des EWI, der die Kurzstudie gemeinsam mit Merit Dressler, Dr. Lisa Just, Antonie Reinecke, Amelie Sitzmann, Stephan Terhorst und Amelie Wöstmann erstellt hat. Derzeit wird die Spannungsqualität in Deutschland nicht reguliert, weshalb Messungen über die Spannungsqualität in den unteren Netzebenen nicht flächendeckend stattfinden.

Im europäischen Ausland wird die Spannungsqualität gegenwärtig in 23 Ländern systematisch überwacht. In Ländern wie Österreich erfolgt diese Überwachung kontinuierlich. Die Daten über ausgewählte Spannungsqualitätsparameter werden der Regulierungsbehörde gemeldet und in einem jährlichen Bericht veröffentlicht. Zudem wird die Nichteinhaltung nationaler oder europäischer Spannungsqualitätsnormen reguliert.

Mehrstufiger Ansatz für Regulierung der Spannungsqualität

Damit Netzbetreiber Anreize hätten, die Spannungsqualität systematisch zu erfassen und zu verbessern, müsste diese in die Anreizregulierung integriert werden, die in Deutschland die regulatorische Grundlage für die Aktivitäten von Netzbetreibern ist. Hierzu wäre eine belastbare Datengrundlage über den Zustand des Stromnetzes erforderlich. Ein erster Schritt wäre, Messungen relevanter Spannungsqualitätsparameter für Netzbetreiber verpflichtend umzusetzen. Punktuelle Messungen an kritischen Netzpunkten könnten Transparenz über die Spannungsqualität schaffen. Die flächendeckende Einführung intelligenter Messsysteme könnte eine kostengünstige Möglichkeit bieten, Spannungsqualitätsdaten kontinuierlich auf der Niederspannungsebene zu erfassen.

In einem zweiten Schritt könnte die Spannungsqualität in das bestehende Qualitätselement der Anreizregulierung aufgenommen werden. Dieses folgt einem Bonus-Malus-System: Netzbetreiber mit besonders hoher Versorgungsqualität erhalten Zuschläge auf ihre Erlösobergrenze (Bonus), während bei Unterschreitung ein Abschlag erfolgt (Malus). Bei der Verknüpfung der Spannungsqualität mit finanziellen Anreizen müsste der Regulierer sorgfältig abwägen, welche Spannungsqualitätsaspekte volkswirtschaftlich relevant sind und wo der Nutzen einer Verbesserung die entstehenden Kosten übersteigt.

Herausforderungen bei der Regulierung von Spannungsqualität

Spannungsqualität kann als öffentliches Gut betrachtet werden, dessen Aufrechterhaltung für die Versorgungssicherheit und Netzstabilität entscheidend ist. Verschiedene Kundengruppen, wie Industrie- und Haushaltskunden, sind in unterschiedlichem Maße von Spannungsqualitätsproblemen betroffen. Dementsprechend unterscheidet sich auch der Nutzen, den diese Kundengruppen aus einer höheren Spannungsqualität ziehen könnten. Demgegenüber entstehen bei der Einführung verpflichtender Spannungsqualitätsmessungen Kosten, die über Netzentgelte an den Endverbrauch weitergegeben werden. Deswegen ist es zentral, dass bei der Regulierung Kosten und Nutzen der Maßnahmen gegeneinander abwägt wird.

Derzeit fehlen belastbare Informationen zu den Kosten und dem Nutzen flächendeckender Spannungsqualitätsmessungen. Zur Bewertung wäre eine begleitende Erhebung wirtschaftlicher Schäden durch Spannungsqualitätsprobleme sinnvoll. „Eine umfassende Regulierung der Spannungsqualität wäre mit vielen Umsetzungsherausforderungen verbunden. Ein schrittweiser Ansatz könnte dazu beitragen, ein gutes Maß für die Regulierung zu identifizieren“, so Kienscherf.