Eine Rückkehr von Reservekraftwerken an den Strommarkt kann aufgrund des Merit-Order-Effekts kurzfristig Preisspitzen dämpfen. Der Umfang der Preisdämpfung hängt jedoch stark von der konkreten Ausgestaltung ab – etwa davon, wie viel Reservekapazität in den Markt integriert wird, ob dies marktlich oder administrativ erfolgt und welcher Auslösepreis gewählt wird. Gleichzeitig kann es zu einer Umschichtung von Kosten kommen: Wenn Reservekraftwerke netztechnisch wichtige Kraftwerke aus dem Marktergebnis verdrängen, steigen möglicherweise die Redispatchkosten, was sich über die Netzentgelte auf die Verbraucher auswirken kann. Zudem sind wichtige Umsetzungsfragen offen – etwa zur Verrechnung von Markterlösen mit der bisherigen Vergütung für die Vorhaltung, zur Ausgestaltung transparenter Abschöpfungsmechanismen und zur Vermeidung strategischer Anreize für Marktakteure.
Langfristig besteht das Risiko, dass durch die Rückkehr von Reservekapazitäten an den Markt Knappheitspreise unterdrückt werden. Diese sind jedoch zentral für Investitionen in neue flexible Erzeugung und Speicher. Zudem wird die Wirtschaftlichkeit bestehender Anlagen beeinträchtigt. In der Folge drohen vermehrte Stilllegungen oder eine Überführung betroffener Kraftwerke in die Reserve – mit der Konsequenz, dass sich Kosten vom Markt auf die Netzentgelte verlagern. Der im Koalitionsvertrag geplante Kapazitätsmarkt könnte hier Abhilfe schaffen. Kapazitätszahlungen müssen jedoch umso höher ausfallen müssen, je weniger Knappheitspreise bzw. Investitionsanreize aus dem Markt zugelassen werden
Ob ein temporärer Markteinsatz von Reservekraftwerken insgesamt zu einer Kostensenkung führt, hängt daher von der Ausgestaltung, von der Einbettung in ein konsistentes Marktdesign ab sowie ob neue Verzerrungen vermieden werden können.