EWI-Analyse zu möglichen Netznutzungsentgelten für Wasserstoff

EWI-Analyse zu möglichen Netznutzungsentgelten für Wasserstoff
8. April 2024 |

Die Versorgung von Kunden mit Wasserstoff könnte ein Baustein der Energiewende sein. Im Auftrag des DVGW hat das EWI die Höhe möglicher künftiger Wasserstoffnetznutzungsentgelte in einem vom Auftraggeber definierten Wasserstoffszenario abgeschätzt.

Die Netznutzungsentgelte für Wasserstoff könnten im Jahr 2045 in einem vom Deutschen Verein des Gas- und Wasserfaches e.V. (DVGW) definierten Szenario für die Nachfrage nach, und den Netzausbau für, Wasserstoff bei durchschnittlich etwa 1,8 Cent/kWh (inflationsbereinigt) liegen – das zeigen Abschätzungen des EWI im Auftrag des DVGW. Im Vergleich zu den heutigen Netznutzungsentgelten für Erdgas würde dies eine Steigerung von ca. 87 % bzw. 0,8 Cent/kWh bedeuten. Je nach Aufteilung der Kosten auf verschiedene Kundegruppen ergäben sich für diese entsprechend abweichende Belastungen. In der Analyse wurden daher zwei verschiedene Abschätzungen für die Kostenverteilung vorgenommen („Proportionale Anteile 2023“ (PA) und „Wälzung nach Netzebenen“ (WnN)).

Abbildung 1: Erdgas Netznutzungsentgelte zum 1. April 2023 und Abschätzungen der Wasserstoffnetznutzungsentgelte 2045 im DVGW-Szenario in Abhängigkeit des Zinsszenarios. Quelle: EWI

Im Auftrag des DVGW hat ein Team des Energiewirtschaftlichen Instituts an der Universität zu Köln (EWI) in der Analyse „Abschätzung zukünftiger Wasserstoffnetznutzungsentgelte – Analyse basierend auf einem Wasserstoffszenario des DVGW“ untersucht, welche Höhe potenzielle Wasserstoffnetznutzungsentgelte in Abhängigkeit von verschiedenen Zinssätzen haben könnten. „Zentrale Einflussgrößen in der Abschätzung der Netznutzungsentgelte sind, neben der Höhe der Zinsen, die Investitionsbedarfe und Betriebskosten des Netzbetriebs, sowie die angenommene Wasserstoffnachfrage“, sagt Dr. Fabian Arnold, Project Lead am EWI.

Veränderte Wasserstoffnachfrage beeinflusst die Netznutzungsentgelte im Jahr 2045

Die Kosten für die unterstellte Umwidmung des Verteilnetzes wurden vom DBI – Gastechnologisches Institut gGmbH (DBI) im Auftrag des DVGW berechnet. Die angenommene Wasserstoffnachfrage stammt vom DVGW und würde im Jahr 2045 398 TWh betragen. Dies entspricht etwa der Hälfte des heutigen Verbrauchs an Erdgas. Die Investitionskosten für dieses Nachfrageszenario würden laut dem DBI rund 70 Mrd. € (inflationsbereinigt) betragen. Hinzu kämen Betriebs- und Zinskosten.

Die Höhe der Wasserstoffnachfrage, auf die die Kosten der Netzbewirtschaftung umgelegt werden, ist eine zentrale Annahme bei der Abschätzung zukünftiger Wasserstoffnetznutzungsentgelte. Wird zunächst unterstellt, dass das Netz nachfrageunabhängig in gleichem Maße ausgebaut würde, wie im DVGW-Szenario angenommen, würde unter sonst gleichen Umständen eine geringere Nachfrage die Wasserstoffnetznutzungsentgelte für alle Kundengruppen erhöhen bzw. eine höhere Nachfrage die Wasserstoffnetznutzungsentgelte reduzieren.

Sollte sich die Nachfrage im Gebäudesektor geringer entwickeln als im DVGW-Szenario, würden neben den Investitionen in das H2-Kernnetz auch die Investitionen des H2-Verteilnetzes auf weniger Nachfrage umgelegt. Dadurch würden – bei gleichbleibendem Umfang der Umwidmungen – die Wasserstoffnetznutzungsentgelte der verbleibenden im Verteilnetz angeschlossenen Kunden besonders stark ansteigen. Denkbar ist jedoch auch, dass das Verteilnetz – anders als das H2-Kernnetz – bei geringerer Nachfrage in geringerem Umfang umgewidmet werden würde. Dies könnte den Anstieg der Wasserstoffnetznutzungsentgelte für die Kunden begrenzen.

Aufgrund der langen Vorlaufzeit und der zentralen Planung im H2-Kernnetz, ist davon auszugehen, dass Neubau und Umwidmungen in weiten Teilen unabhängig von der sich realisierenden Nachfrage durchgeführt werden. Eine geringere Nachfrage in den Wasserstoffverteilnetzen würde dann dazu führen, dass die Kernnetzkosten auf weniger Nachfrage gewälzt werden würden, beispielsweise die Industrienachfrage, die dann höhere Netznutzungsentgelte zu tragen hätte. Im Falle einer geringeren Industrienachfrage als im DVGW-Szenario müssten umgekehrt die verbleibenden Kundengruppen, also Haushalte und Gewerbe, einen höheren Anteil an den Kosten des H2-Kernnetzes tragen.

Beschaffungskosten bestimmen maßgeblich den Wasserstoffpreis für Kunden

Mit Blick auf das Jahr 2045 besteht eine große Unsicherheit über die zukünftigen Kosten und Möglichkeiten der Wasserstoffbeschaffung. Es ist unklar, welche Wasserstoffmengen inländisch zu welchen Preisen erzeugt und welche Mengen zu welchen Preisen importiert werden könnten. Lägen die Beschaffungskosten für Wasserstoff zwischen 5 und 10 Cent/kWh (inflationsbereinigt zzgl. Strukturierungskosten; vgl. EWI PtX-Kostentool), wären diese für den Endkundenpreis deutlich maßgeblicher. „Der Fokus der Analyse liegt auf der Abschätzung von Wasserstoffnetznutzungsentgelten im Szenario des DVGW. Basierend auf aktuellen Abschätzungen für Wasserstoffbeschaffungskosten im Jahr 2045 lässt sich allerdings sagen, dass der Endkundenpreis für Wasserstoff voraussichtlich maßgeblich von der Entwicklung der Beschaffungskosten dominiert werden wird“, so Arnold.